Was ist Stress?
Den Stress beherrschen und nutzen!
Von Jan Markus Adams
Stress ist eine Reaktion. Sie erfolgt auf einen Sachverhalt und läuft unbewusst ab. Wir entscheiden uns nicht dafür in einem bestimmten Moment Stress zu empfinden. Wohl aber können wir lernen ihn zu lenken und zu nutzen… wenn er schon einmal da ist.
Stressempfinden ist von bestimmten Symptomen geprägt, die Beinmuskulatur wird stärker durchblutet, der Blutdruck steigt, die Atmung wird flacher, der Schweißfluss wird angeregt, steigende Muskelspannung kann zum Zittern führen, Konzentration der Durchblutung auf das Herz kann zu kalten Extremitäten führen. Ausschlaggebend dafür ist ein verändertes Hormonprofil, unsere Drüsen schütten verstärkt Adrenalin und Cortisol aus. Dadurch werden wir leistungsfähiger.
Als unser Körper dies erlernt hat, waren derartige Stressreaktionen im schlimmsten Falle überlebensnotwendig. Wir wurden in die Lage versetzt wilden Tieren und Feinden zu entfliehen oder notfalls gegen sie zu kämpfen. Auch nach Tagen des Hungerns auf erfolgloser Jagd konnten so Reserven mobilisiert werden um vielleicht doch noch ein Tier zu erlegen und ein paar Tage länger am Leben zu bleiben.
Die Fähigkeit Stress zu empfinden mag maßgeblich daran beteiligt gewesen sein, dass die Spezies Mensch sich im Wettkampf der Arten durchgesetzt hat. Und gerade diese Fähigkeit wird Vielen nun zum Verhängnis, da angestaute Stresshormone die Fähigkeiten haben den Organismus krank zu machen. Stress braucht ein Ventil, er löst sich nicht einfach auf, wenn sich die Situation verändert hat.
Wir empfinden Stress, wenn etwas in unserem Organismus Gefahr wittert. Das Bewusstsein hat die Situation zuweilen noch gar nicht erfasst und doch stockt der Atem und wir haben kalte Füße. Für die meisten Menschen in unserem Kulturkreis ist es nicht ratsam nun davonzustieben oder mit einem Knüppel um sich zu schlagen. Unsere Stresssituationen sind meistens nicht lebensbedrohlich.
Wann das Individuum Stress empfindet ist ganz unterschiedlich und es sollte auch nicht von anderen beurteilt werden, ob eine jeweilige Situation es verdient hat mit Adrenalin- und Cortisolausschüttung beantwortet zu werden. Daher überlegen wir nun nicht, ob Stress gerechtfertigt ist und wie er vermieden werden kann.
Wir genießen den Stress und nutzen den Flow!
Der heutige Arbeitsalltag ist geprägt von einem Mangel an Bewegung und Kommunikation mit Maschinen. Wir sprechen sitzend in einen Hörer zu einer körper- und gesichtslosen Stimme, wir tippen auf eine Tastatur und verfolgen zuweilen das Getippte auf einem Bildschirm. Wir sind zunehmend entfremdet von der Welt mit der wir interagieren. Selbst ein unspektakulärer Arbeitstag vermag es uns mit einem erschöpften und leeren Gefühl in den Feierabend zu entlassen. Wird solch ein Tag noch mit diversen Problemen gespickt, findet der Feierabend gerne vor dem Fernseher statt, wo man darauf wartet, dass man sich endlich entspannt.
Unser Körper hingegen wartet darauf, dass der Ärger endlich losgeht! Er ist so voll Adrenalin und Cortisol, dass er einen Säbelzahntiger mit einem Mastodonten verprügeln könnte. Vorher kann er sich nicht entspannen. Es kann keine Gelassenheit einkehren, wenn die Probleme nicht bewältigt sind. Für unseren Körper sind die Probleme der erhöhte Adrenalin- und Cortisolspiegel. Die können wir abbauen. Mit Schweiß.
Der Stress kann förmlich herausgespült werden. Ebenso wie ein Bad oder eine Dusche dazu dienen können, den Tag herunter zu spülen, kann körperliche Anstrengung dazu dienen den Tag aus dem Körper heraus zu spülen.
Diverse chinesische und indische Praktiken zur Harmonisierung von Körper und Geist stehen seit Jahren hoch im Kurs. Diese sind meist sanft und auf den Geist ausgerichtet. Deswegen fühlen sich viele Charaktere eher abgeschreckt statt angezogen. Das ist verständlich, denn wie wir eben festgestellt haben, will ein gestresster Körper Action!
Noch weitgehend unbekannt im Westen ist das indische Trainingssystem Vyayam (dt. „körperlicheÜbung“). Dieses wird seit Jahrhunderten von indischen Ringern genutzt und hat zum Ziel einen starken Körper und Geist zu schaffen. Die Übungen (z. B.: Bethaks und Dands) sind dynamisch und rhythmisch. Wir spüren unseren Körper, unsere Muskeln. Wärme breitet sich aus, die Poren öffnen sich, der Schweiß fließt. Wir spüren wie die Atemluft die Lungen dehnt. Wie frische Luft den Leib durchströmt. Wir spüren, dass wir leben.
Die wiederkehrenden Bewegungsmuster erlauben dem Bewusstsein eine Pause zu machen und man kann, wie bei einem Film, beobachten, womit das Unterbewusstsein beschäftigt ist. Dieser Effekt kann als Meditation in Bewegung bezeichnet werden. Während der Körper damit beschäftigt ist, die Stresshormone auszuschwitzen und genug Sauerstoff aufzunehmen um in Bewegung zu bleiben, bewältigt unser Geist frei und ungezwungen seine Probleme und wir können ihm auch noch zuschauen dabei. Der Stresspegel hat uns die Energie gegeben uns anzustrengen und die Anstrengung des Körpers nutzen wir nun um dem Geist die benötigte Entspannung zu geben. Herrlich!
Nach diesem Entspannungsprogramm sind Körper und Geist gleichermaßen angestrengt und in Harmonie. Wir können die Anstrengung des Tages nun von uns spülen und zur Ruhe kommen. Wir spüren die Entspannung und ein wohliges Gefühl der Gelassenheit breitet sich aus.
Langfristig führt diese Praxis zu einem niedrigeren Ruhepuls, niedrigeren Blutdruck, geschmeidigeren Gefäßen und einer tieferen Atmung- wir sind gelassener und können in Stresssituationen leichter handeln.
Unsere Zuversicht, unser Selbstvertrauen und unsere Selbstwirksamkeit wachsen.